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Von den Weltkriegen zur Gegenwart

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 31. Juli 1914 beendete für Rottendorf eine dreiundvierzigjährige Friedensperiode, die längste seit Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Ort und Gemarkung blieben diesmal noch verschont, nicht die Menschen: Von 271 eingezogenen Männer kehrten nur 215 zurück. An die Opfer erinnert ein Mahnmal, das 1923 auf dem Areal der trockengelegten und ausgefüllten Weth errichtet wurde.

Auch die wirtschaftlichen Zusammenbrüche und die galoppierende Geldentwertung der ersten Nachkriegsjahre trafen die Gemeinde, deren Berufstätige großenteils auswärts beschäftigte Arbeiter waren, besonders hart. Hoffnungsvolle Akzente setzten dagegen die Gründung der Faust`schen Malzfabrik (1924/25) auf dem früheren Brauereigelände und vor allem der rege Wohnungssiedlungsbau (ab 1919), der die Einwohnerzahlen bis 1940 auf 2076 Personen anwachsen ließ.

 

In der Spätphase der Weimarer Republik wurde Rottendorf vom Sog der politischen Radikalisierung erfasst. Zwar konnten die großen demokratischen Parteien BVP und SPD bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 insgesamt noch 62,1 % der Stimmen auf sich vereinigen, aber 17,6 % entfielen auf die Kommunisten, 15,2 % auf die Nationalsozialisten.

 

Ein Sieg gelang der NSDAP jedoch auch in der ersten Reichstagswahl (5. März 1933) nach der "Machtergreifung" nicht: mit nur 23,0 % blieb ihr Rottendorfer Stimmenanteil weit hinter den gesamtunterfränkischen 36,6 % zurück. Zur alleinherrschenden Kraft in der Gemeinde wurde die Hitlerpartei erst durch gesetzliches Verbot der politischen Konkurrenz und durch die sog. "Gleichschaltung", d.h. durch Anpassung aller öffentlichen und gesellschaftlichen Institutionen an die autoritär zentralistische Organisation. Bedeutsame propagandistische Erfolge errangen die Nationalsozialisten mit der Errichtung der, wie es heiß, "ersten nordbayerischen mustergültigen Bauernsiedlung" (1934/35) im Bereich der Untertor- und der Hofstraße, sodann mit dem Bau einer Kleinsiedlung für junge Arbeiterfamilien. Ein organisierter Widerstand gegen das NS-Regime entwickelte sich in Rottendorf ebenso wenig wie in den meisten anderen Orten der Region.

 

Im Zweiten Weltkrieg hatte die Gemeinde ab Mai 1940 die ersten Gefallenen zu beklagen; einschließlich der Vermissten kehrten 120 Rottendorfer nach Kriegsende nicht mehr heim. Der Ort selbst wurde seit Frühjahr 1944 in die alliierten Luftangriffe auf Schweinfurt einbezogen, die Pfarrkirche am 31. Oktober 1944 durch eine Luftmine schwer beschädigt. Am 4. April 1945 schließlich - fast auf den Tag genau 300 Jahre nach dem Untergang Rottendorfs im Dreißigjährigen Krieg - legte amerikanische Artillerie zwölf Wohnhäuser, Stallungen, das Feuerwehrgerätehaus in Trümmer; sechs Zivilisten kamen dabei ums Leben, 25 Rottendorfer Familien wurden obdachlos. Der Versuch, mit schwachen Wehrmachtskräften eine Verteidigungslinie zu halten, war teuer bezahlt. Am Abend des 5. April wurde auf dem Kirchturm ein Bettlaken als weiße Fahne gehisst, und als tags darauf, am 6. April 1945, die US-Tanks einrollten, war für das Dorf der Zweite Weltkrieg zu Ende.

 

Wohnungsnot und Flüchtlingselend wurden nun zum drängendsten Problem; die Einwohnerzahl von 1946 überstieg den Vorkriegsstand um rund 35%. Eine Entspannung der Notsituation trat erst nach Jahren durch Abwanderung der Evakuierten und Integration der Heimatvertriebenen ein. Auch die materiellen Kriegsschäden konnten nur allmählich beseitigt werden. Die Restaurierung der Pfarrkirche St. Vitus beispielsweise, 1946 begonnen und mit der Glockenweihe 1952 der Vollendung nähergebracht, wurde erst 1957 abgeschlossen. Im folgenden Jahr erhielt Rothof mit dem Bau der Kirche St. Kosmas und Damian ein eigenes sakrales Zentrum. Das Käppele war 1956 zur heutigen Form ausgestaltet worden.

 

Eine entscheidende Wende für das inzwischen knapp 3 000 Einwohner zählende Dorf brachte das Jahr 1960: Der Bau der Autobahnstrecken Frankfurt-Nürnberg und Würzburg-Fulda, der vorhandene, seit 1865 kontinuierlich erweiterte Anschluss an das Eisenbahnnetz schufen die besten verkehrstechnischen Voraussetzungen für ein Industrieansiedlungsprojekt, das seit 1964 realisiert wurde: heute gehört das Rottendorfer Gewerbegebiet zu den größten des Landkreises Würzburg.

 

Parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung leitete die Gemeinde 1965 mit der Ausweisung größerer Wohnungsbaugebiete eine Entwicklung ein, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Architektonische Akzente setzen seit den sechziger Jahren vor allem auch die kommunalen und kirchlichen Baumaßnahmen. Zu nennen sind insbesondere die 1965 eingeweihte Friedenskirche der Evangelischen Kirchengemeinde, die Volksschulneubauten (1957-1972), die Erasmus-Neustetter-Halle (1987/1992), das Rathaus, die Sing- und Musikschule am neugestalteten Dorfplatz (1992). Wesentlich verbessert wurde die soziale Infrastruktur durch Bau (1962) und Erweiterung (1972) des Katholischen Kindergartens in Anschluss an das Marienheim, durch den Kindergarten im Neubaugebiet "Sand" (1990) und das Jugendzentrum (1987) im Hauptgebäude der ehemaligen Malzfabrik, durch die Einrichtung der Seniorenbegegnungsstätte (1996) und nicht zuletzt durch die Bereitstellung altengerechter, betreuter Wohnungen (1996). Der Eigeninitiative örtlicher Vereine sind die TSV-Turnhalle (1960), das Schützenhaus (1966) und die Tennisanlage am Grasholz (1981) zu verdanken.

 

Die Eröffnung der Umgehungsstraße Ende 1989 befreite den Ort von den Kraftfahrzeugströmen zu den Autobahnen; mit dem Umbau der Ortsdurchfahrt (1997-2001) ist der Gemeinde eine zusätzliche Verkehrsberuhigung gelungen.

 

Leider ging in der Phase der Modernisierungseuphorie seit den sechziger Jahren manches schöne und typische Stück historischer Bausubstanz unwiederbringlich verloren, so beispielsweise 1970 die Zehntscheune aus stifthaugischer Zeit. Doch immer noch lassen sich zahlreiche Bau- und Naturdenkmäler in Ort und Gemarkung entdecken: Häuser und Scheunen früherer Jahrhunderte aus rotem "Blutsandstein" und grünlichem Werksandstein, altmainfränkische Toreinfahrten mit ornamentalem Schmuck, Heiligenfiguren in Hausgiebelnischen, Bildstöcke. Die Erkenntnis, dass moderne Entwicklung und Erhaltung des Überlieferten sehr wohl vereinbar sind, ist gewachsen.

 

Gewachsen ist aber auch der Blick über Ort und Land hinaus. Seit 1987 unterhält Rottendorf eine lebendige, fruchtbare Partnerschaft mit der normannischen Gemeinde Troarn. Auf europäischer Ebene wird damit fortgesetzt, was eine Rottendorfer Urkunde im Jahre 1736 anmahnte: Unverzichtbar seien

 

"Eintracht undt Einnigkeit alß aller Wohlfahrt Ursprung"